„You can’t stop the waves, but you can learn to surf.“
John Kabat Zinn
In einer Welt, die oft von Unruhe und Stress geprägt ist, gibt es Menschen, die scheinbar mühelos durch die Herausforderungen des Lebens gleiten. Statt sich von den Wellen der Aufregung, des Grübelns und des Nörgelns mitreißen zu lassen, scheinen sie gelassen zu surfen. Wie machen sie das?
Urge Surfing: Dem Drang bewusst begegnen
Urge Surfing, eine Technik aus der Verhaltenstherapie, lehrt uns, unerwünschte Verhaltensweisen zu reduzieren. Entwickelt von Dr. Alan Marlatt für Suchtkranke, basiert die Methode darauf, Dränge und Verlangen wie Wellen zu betrachten. Diese Gefühle steigen auf, erreichen ihren Höhepunkt und ebben ab. Das Ziel des Urge Surfing ist es, den Drang zu beobachten, ihm nicht nachzugeben, sondern ihn auszusitzen, bis er abklingt. Es geht darum, eine größere Gelassenheit dem Drang gegenüber zu entwickeln, anstatt sich von ihm überwältigen zu lassen.
Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie haben den Drang, sich über eine stressige Situation aufzuregen. Urge Surfing ist wie das Surfen auf einer Welle von Emotionen. Beobachten Sie bewusst, wie der Ärger aufkommt, an Intensität gewinnt und schließlich abklingt. Dies gibt Ihnen die Möglichkeit, den Drang zu akzeptieren, anstatt ihm impulsiv nachzugeben.
Die Lehren des Meeres: Ein metaphorischer Blick auf Emotionen
Schauen wir auf das Meer als Metapher für unser Gefühlsleben:
- Du kannst Wellen nicht aufhalten oder stoppen: Emotionen sind wie Wellen, unaufhaltsam und unvermeidbar.
- Du kannst dich Wellen nicht entgegenstemmen: Widerstand verstärkt oft nur die Intensität der Emotionen. Indem wir mit dem Flow gehen, können wir kontrolliert surfen und unkontrollierte Situationen vermeiden.
- Eine Welle ist endlich: Emotionen, wie Wellen, erreichen ihren Höhepunkt und ebben ab. Die Erkenntnis, dass Emotionen in Bewegung sind und vorübergehen, ist hilfreich.
Surfen will gelernt sein: Die Kunst der Anwendung
Um die Technik des Urge Surfing anzuwenden, folge diesen Schritten:
Schritt 1: Den Drang wahrnehmen, benennen und beobachten. Beschreibe die Gefühle und körperlichen Reaktionen wertfrei, als wärst du eine neutrale Beobachterin.
Schritt 2: Nach etwas Raumgewinn bewusst entscheiden. Entweder kontrolliert reagieren oder bewusst entscheiden, nicht zu reagieren.
Die 90-Sekunden-Regel: Emotionen bewusst regulieren
Nach der Forschung von Jill Bolte Taylor dauert eine emotionale Reaktion etwa 90 Sekunden. Wir haben die Fähigkeit, diesen Prozess zu regulieren und nicht künstlich zu verlängern.
Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie erleben eine belastende Emotion, wie Ärger oder Frustration. Laut der 90-Sekunden-Regel dauert eine emotionale Reaktion etwa 90 Sekunden. Indem Sie diese Emotion bewusst erleben und nicht durch negative Gedanken verstärken, können Sie den neurologischen Prozess regulieren und schneller zu Ruhe und Klarheit gelangen.
Sprich es aus: Affect-Labeling
Die Hirnforschung unterstützt die Idee, dass das Benennen von Emotionen beruhigend wirkt. Wenn wir unsere Gefühle in Worte fassen, reguliert sich das „Angstzentrum“ im Gehirn.
Beispiel: Wenn Sie spüren, dass sich eine Emotion in Ihnen aufbaut, benennen Sie sie laut oder in Gedanken. Sagen Sie zum Beispiel: „Ich fühle mich gerade wütend.“ Das bewusste Ausdrücken von Emotionen in Worten beruhigt die Amygdala und verringert den Stresspegel, was zu einer entspannteren Reaktion führen kann.
Frag nicht warum. Frag was.
Vermeide die Warum-Falle, die uns in Gedanken verstricken lässt. Statt nach dem Warum zu fragen, frage, was du tun kannst, um dich besser zu fühlen.
Beispiel: Statt zu fragen: „Warum fühle ich mich so schlecht?“, könnten Sie sich fragen: „Was kann ich tun, um mich besser zu fühlen?“ Diese Perspektivenänderung fördert das Lösen von Problemen statt dem Verharren in negativen Gedankenspiralen.
Weisheiten aus verschiedenen Lehren
„Make it a habit to ask yourself: What’s going on inside me at this moment? That question will point you in the right direction. But don’t analyze, just watch.“
– Eckhart Tolle
In verschiedenen Lehren, sei es Buddhismus oder moderne Hirnforschung, findet sich die Botschaft des wertfreien Beobachtens wieder.
Beispiel: Inspiriert von spirituellen Lehren wie dem Buddhismus oder Eckhart Tolles Konzept des „wachen Beobachters“, können Sie versuchen, Ihre Emotionen objektiv zu betrachten. Wo im Körper spüren Sie eine Reaktion? Indem Sie Ihre Gefühle bewusst wahrnehmen und beschreiben, können Sie deren Dauer und Intensität allmählich reduzieren.
Der positive Nebeneffekt:
Die Anwendung dieser Techniken erleichtert nicht nur unser eigenes Leben, sondern schafft auch eine positive Auswirkung auf unser Umfeld. Wenn wir nicht jedem Drang nachgeben, entlasten wir nicht nur uns selbst, sondern auch die Menschen um uns herum.
In der Auseinandersetzung mit unseren Emotionen und dem bewussten Reiten der Wellen liegt die Kunst des besonnenen Lebens. Möge dieses Wissen euch helfen, die Herausforderungen des Lebens mit mehr Gelassenheit und Akzeptanz zu meistern.
Bis zum nächsten Wellenritt!