Loben wir zu viel? Kritisieren wir zu wenig? Eine alltägliche Situation lässt uns über die Effektivität von Lob und Kritik nachdenken. Du bist begeistert von den herausragenden Leistungen deines neuen Teamkollegen und beschließt, ihn ausgiebig zu loben. Doch das Ergebnis in der nächsten Runde ist ernüchternd – haben wir ihn durch Lob zu bequem gemacht? Im Kontrast dazu schimpfst du über die schlechten Noten deiner Nachhilfeschülerin, und zu deiner Überraschung verbessert sich ihre Leistung beim nächsten Mal.
Die statistische Erklärung: Regression zur Mitte
Diese scheinbaren Paradoxien lassen sich durch die „Regression zur Mitte“ erklären, ein statistisches Phänomen, bei dem extreme Werte dazu neigen, sich in Richtung des Durchschnitts zu bewegen. Ähnlich wie bei Sir Francis Galton, der Größenunterschiede von Vätern und Söhnen untersuchte, zeigt sich dieses Prinzip in verschiedenen Bereichen des Lebens. Hochintelligente Frauen neigen dazu, Männer mit geringerer Intelligenz zu heiraten, und nach einem außergewöhnlich kalten Tag steigen die Temperaturen wahrscheinlich wieder an.
Die Denkfalle: Intuition vs. Statistik
Unser Gehirn mag kausale Erklärungen, kämpft jedoch mit Statistiken. Wir tendieren dazu, nach Gründen zu suchen, warum ein Golfer nach schlechter Leistung plötzlich besser abschneidet. Doch die wahre Erklärung liegt oft in der statistischen Regression zur Mitte, ohne dass weitere Ursachen vorliegen müssen.
Was lernen wir daraus?
Menschen sind keine intuitiven Statistiker. Unsere Schlussfolgerungen über die Vorhersage von Ergebnissen und die Begründung dieser Ergebnisse sind oft fehlerhaft. Die Wirkung von Krisenmeetings oder Sondertrainingslagern wird überschätzt, wenn nach schlechten Ergebnissen die Leistungen wieder steigen. Der Einfluss von Sonderbehandlungen kann falsch interpretiert werden, was zu weiteren Irrtümern führt.
Die gute Nachricht: Kritik ist nicht zwangsläufig effektiver als Lob!
Die Lehre aus der Regression zur Mitte ist, dass Leistungen ohne besondere Behandlung oft verbessert werden. Der Einfluss von Kritik oder Lob wird leicht überschätzt, und falsche Schlussfolgerungen können zu irrationalen Handlungen führen.
In der Welt der Leistungsbeurteilung sollten wir daher nicht in die Lob- oder Kritikfalle tappen. Vielleicht sollten wir einfach anerkennen, dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie scheinen, und dass Fortschritte und Rückschritte Teil eines natürlichen Prozesses sind. Letztendlich zeigt uns die Statistik, dass wir unsere Erwartungen realistisch anpassen sollten, um die besten Ergebnisse zu erzielen.